Ein Traumplatzerl, Rakija zur Begrüßung und ein Nationalpark-Paradies


3. Tag: Mittwoch, 19. September

Strecke: Bihać – Orašac – Kulen Vakuf

Nächtliche Probleme mit meinem aufblasbaren Bett, dem mehrmals die Luft ausgegangen ist. Platzende Nähte, ein Montagsfabrikat!
Beim morgendlichen Frühstück oberhalb einer Una-Kaskade ist das nächtliche Liegeproblem auch bald wieder vergessen. Der heutige Tag ist voll und ganz auf den Una-Fluss ausgerichtet. Die Una entspringt im kroatischen Grenzgebiet zu Bosnien, markiert über eine weite Strecke die Grenze zwischen den beiden Ländern, mündet in die Save und erreicht weiter über die Donau das Schwarze Meer. Heute sind es nur rund 30 Kilometer bis zur nächsten Station. Am Weg immer wieder vom Wildwuchs überwucherte Ruinen des Balkankrieges.
In Kulen Vakuf befindet sich ein «Traum-von-Campingplatz» direkt an der Una. Der Besitzer kann sich auch in Deutsch verständlich machen, er verbrachte die Kriegsjahre in Krems an der Donau. Zur Begrüßung gibt es selbstgebrannten Rakija. Der Nachmittag gehört dem Una-Nationalpark, eine sandige Rumpelpiste führt bis auf wenige Meter zum Štrbački buk, dem höchsten Wasserfall im Nationalpark. Von hier aus geht es zu Fuß weiter auf schmalen Pfaden in die Wildnis, einzig die angekündigten Bären bleiben in ihrer Deckung. Ein Traumtagerl mit ganz viel «Sunce» (Sonne). Die schwerste Entscheidung kommt zum Schluss: Der Camping-Wirt hat ein Feuerl angeworfen, Una-Pastrmka (Forelle) oder bosnisches Kesselgulasch stehen zur Auswahl – die Auflösung folgt morgen – Prijatno!

Länder im Schnelldurchlauf, offene Wunden und ein Fluss namens Una


2. Tag: Dienstag, 18. September

Strecke: Dedenitz (A) – Ptuj (SLO) – Zagreb (CRO) – Slunj – Bihać (BiH)

Zuerst war es der Nebel der sich dicht über den Feldern breit machte, dann arbeitete sich die Sonne durch die Bäume in Richtung Himmel und mit ihr kamen die Rehe.
Vier Länder im Zeitraffer: Einen letzten Katzensprung durch Österreich, auf schmalen Landstraßen durch Slowenien, auf breiten Highways bis Karlovac und weiter auf geschlungenen Wegen durch Kroatien bis ins bosnische Bihać, wo einsam am Ufer des Una Flusses unser Zelt-Haus steht.
Ab Karlovac zeigen sich immer noch die nicht verheilten Wunden des Jugoslawienkrieges – verwaiste Häuser, Einschusslöcher, Kriegsruinen. Die Kleinstadt Bihać erlangte als belagerte Enklave weltweite Aufmerksamkeit. An der Oberfläche ist wieder Ruhe eingekehrt und im «Restoran Sunce» direkt an der Una springen die Fische, freuen sich die Enten über Brotreste und die Pljeskavica schmecken wie damals. Einzig der nicht hohe, dafür breite Wasserfall rumort.

Nach dem Auftritt ist vor der Reise


1. Tag, Montag 17. September 2018

Strecke: Leipzig – Prag – Wien – Dedenitz

Wenn der Rausch ausklingt … Ein heftiger Chorausflug drängt sich vor die Balkan-Tour. Der CHORKRAWALL 2018 live @ Gieszer 16 in Leipzig. Fünf Chöre aus vier Ländern. Der Stadtteil Plagwitz ist neben Connewitz das subkulturelle Zentrum der Stadt. Punks, Freaks, Trallala, … Fabrikshallen, Graffitis, alternative Wohnprojekte, Nachbarschaftsgärten, bewirtschaftete Baulücken (Tipp: Der wilde Heinz, ein Brettergasthaus), Spätis, Brass-Banditen, Rotkäppchen-Sekt, … Kurz zusammengefasst: das Stimmgewitter (anarchistischer Chor der Straßenzeitung Augustin) hat die Hütte gerockt, sowohl auf der Bühne als auch auf der Aftershowparty! Wenn der Rausch ausklingt ist der Tag am nächsten!
Aus-Stopp-Retour: Leipzig, Prag, Wien, raus aus dem Tourbus, rein in ein kleines Automobil und weiter geht die Reise. Unsere Bromptons bleiben diesmal zu Hause, im Kleinwagen geht es Richtung Ex-YUgoslawien. Nach zwölf Stunden Autobahn steht das Zelt unter Obstbäumen, neben Maisfeldern, die slowenische Grenze ist in Greifweite. Auf einer Streuwiese des Hollerhofes wo einst der deutsche Liedermacher und linksdrehende Kabarettist Dietrich Kittner (1935 – 2013) sein letztes Zuhause fand. Jetzt noch ein Backhenderl, ein Flascherl Heckenklescher (Wein/Rabiatperle) und gute Nacht!