Tal runter, Tal rauf und von den Alpen umzingelt


10. Tag: Dienstag, 9. Juli 2024

Strecke: Vermosh – Tamarë – Han I Hotit – Dedaj – Boga – Theth

Streckenlänge: 134 km (gesamt 1.681 km)

Kehre um Kehre schraubt sich der Asphalt steil bergab Richtung Shkodrasee. Nach nur wenigen Kilometern auf ebener Erde schraubt sich der Asphalt wieder in luftige Höhen. Die Straße ist sehr schlank, aber inzwischen einwandfrei und angstlos zu  befahren. Nach Überquerung des Thore-Passes (1.630 m) windet sich die Straße wieder hinunter auf ein Niveau von rund 950 Metern zum Tourismus-Magnet Theth. Malerisch eingebettet entlang des Shala-Flusses umgeben von mehreren Zweitausendern. So verträumt wie Vermosh ist Theth schon lange nicht mehr.

Im einem Lokal mit bestechenden Einblick ins Tal versammeln sich alle Nationalitäten um die albanische Küche zu genießen. Die Dauerbeschallung von der Fluss-Strandbar ist dabei ein gnadenloser Stimmungskiller.

Ein falscher Gipfel, eine Schelte und doch noch Glücksgefühle


9 Tag: Montag, 8. Juli 2024

Strecke: Vermosh – Maja e Grebenit (1.840 m) – Vermosh

Der Wanderreiseführer wirbt mit einer entspannten Tour auf den Maja e Grebenit, einen Gipfel im albanischen Grenzgebiet zu Montenegro. 

Der Weg ist wunderbar markiert, und führt steil bergauf durch den Wald. 3 Stunden Gehzeit verspricht eine Tafel beim Einstieg. Nach 2 Stunden ist die Waldgrenze erreicht und einen hochgewachsene fette Blumenwiese breitet sich aus. So hochgewachsen, dass sie auch alle Markierungen verschluckt. Der selbsternannte Pfadfinder wählt den steilen Weg. Nach weiteren eineinhalb Stunden Blut, Schweiß und Tränen wird der Gipfel erklommen. Der falsche, gegenüber jetzt einwandfrei zu erkennen klotzt der richtige!

Der Pfadfinder muss sich einiges anhören und hat alle Hände voll zu tun die Situation zu beruhigen. Etwas später am richtigen Gipfel überdecken die Glücksgefühle alle anderen Emotionen. Ein unbeschreibliches Rundherum-Berg-Panorama.

Beim Abstieg wird von dem überall wuchernden wilden Erdbeeren genascht und mit hunderten blutsaugenden Bremsen gekämpft. Zurück im Tal, dampfen die Körper und nur der Gedanke an ein gut gekühltes Erfrischungsgetränk hält die Moral aufrecht. 

Ein Dorf in den Alpen, Bunker und Ziege


8. Tag: Sonntag, 7. Juli 2024

Strecke: Plav (MNE) – Vermosh (AL)

Streckenlänge: 25 km (gesamt 1.547 km)

Am Plavsko jezero startet gerade ein Triathlon, die erste Disziplin ist das Schwimmen. Bevor die Rad-Etappe startet und die Straßen verstopft,  wird das Vierrad angeworfen. Diesmal bleibt es bei einer Kurzstrecke. Die albanische Grenze ist bald erreicht, der Andrang ist gleich Null.

Vermosh, das nördlichste Dorf Albaniens liegt auf 1.100 Metern im gleichnamigen Tal. Im Dorfkern endet die asphaltierte Straße und eine gut befahrene Piste führt zum Camping-Traum. Ein Stellplatz unter einem Schatten spendenden Apfelbaum. Diesmal erfrischt das erste Getränk bereits zur Mittagszeit.

Der nachmittägliche Spaziergang führt die Piste weiter das Tal entlang: eine Hängebrücke wackelt über ein ausgetrocknetes Flussbett, eine befahrbare Brücke ist in Bau, vereinzelte Häuser, keine Menschen. Vermosh im Ruhemodus. Auch die vier Enver-Hoxha-Bunker, die der einstige Diktator ab 1967, wie hunderttausend andere auch, aus Angst vor einer feindlichen Invasion bauen ließ, schlummern vor sich hin.

Am Ende des Weges sprudelt ein Fluss, raus aus den Schuhen, die Füße kühlen. An diesem Ruhepol sagen sich Schaf und Ziege Gute Nacht, letztere steht heute Abend am Speiseplan.

Straßensperren, Bauarbeiten und promillearme Erfrischungsgetränke 


7. Tag: Samstag, 6. Juli 2024

Strecke: Eko-Oaza-Tara-Camping – Premćanski Most – Pljevlja – Berane – Plav

Streckenlänge: 218 km (gesamt 1.522 km)

Eine Straßensperre und die dadurch notwendige großzügige Umfahrung machen den vermeintlichen Katzensprung zum Halbtagsprogramm. Ein Stück Panorama-Route und einen Einkehrschwung in Pljevlja später verlängern großräumige Straßenarbeiten den Halb- zum Ganztagesausflug.

In den frühen Abendstunden rollen die Räder in Plav ein. Eine muslimisch geprägte Kleinstadt mit Seeanschluß im letzen Winkel Montenegros, einen Steinwurf von der albanischen Grenze entfernt. Zum ersehnten Abendmahl werden ausschließlich promillearme Erfrischungsgetränke serviert. Ein Supermarkt schafft Erleichterung.

Der höchste Berg, kein Gipfelglück und zurück ins Tal


6. Tag: Freitag, 5. Juli 2024

Strecke: Sedlo Pass – Žabljak – Premćanski Most – Eko-Oaza-Tara-Camping

Streckenlänge: 61 km (gesamt 1.304 km)

Nach einem alles umspannenden Sternenzelt wagen sich die ersten Sonnenstrahlen über die Gipfel. Der Kaffee ist schon am Kochen, der frühe Vogel fängt den Wurm! Heute wartet Montenegros höchster Berg, der Bobotov Kuk (2.522 m) auf seine Besteigung. Nach einer Klettereinlage gleich zu Beginn eröffnen sich immer wieder neue Fenster mit unglaublichen Bildern: Blumenwiesen, Felsmonster, Gipfelensembles, … Apropos, das Gipfelglück blieb auf Grund von akuten Knieproblemen verwehrt, das Glückserlebnis bleibt!

Von den Bergen zurück ins Tal. Unten angekommen wartet die Tara. Wie auch schon der Dumitor-Nationalpark zieht auch die Tara viele internationale Besucher:innen an. Einige reiten auf ihr in Schlauchbooten, andere rutschen auf dicken, gespannten Seilen über sie drüber.

Abseits von diesem Theater findet sich ein wunderbar unaufgeregter Campingplatz am Fluss.

Nix als Aussicht


5. Tag: Donnerstag, 4. Juli 2024

Strecke: Foča – Hum (BiH) – Šćepan Bolje (MNE) – Plužine – Sedlo Pass – Žabljak – Crno jezero – Sedlo Pass

Streckenlänge: 144 km (gesamt 1.243 km)

Von Foča schlängelt sich eine schlanke Piste hinauf Richtung montenegrinischer Grenze, unten rauscht die Drina in entgegengesetzter Richtung. Direkt am Grenzübergang vereinigen sich ihre Quellen, die Flüsse Tara und Piva. Durch die Piva-Schlucht führt die Panorama-Route 1. Bei so viel Ausblick beeinträchtigt diese teilweise die Fahraufmerksamkeit. Am Pivsko-Stausee kurz vor Plužine zweigt die Zufahrt zum Dumior-Nationalpark scharf ab nach links. Unzählige Kehren und unbeleuchtete Tunnel führen in luftige Höhen. Oben angekommen türmen sich die Gipfel, nix als Ausblick auf 360 Grad. Der Sedlo-Pass liegt auf schwindligen 1.907 Metern über dem Meer. Für die geplante Wanderung ist der Tag schon zu weit fortgeschritten, was einen Abstecher zum Crno jezero gestattet.

Gekocht und geschlafen wird dennoch in den Bergen. Knapp unterm Pass führt eine Schotterpiste zum herbeigesehnten Liegeplatz. Die Instant-Nudeln kochen, die Erfrischungsgetränke-Dosen zischen und rundherum – Schon wieder! – nix als Ausblick!

Osmanische Brücken, aufreibende Nebenrouten und Zauberflüsse


4. Tag: Mittwoch, 3. Juli 2024

Strecke: Blidinje jezero – Jablanica – Konjic – Kalinovik – Foča

Streckenlänge: 226 km (gesamt 1.099 km)

Der blaue Himmel ist zurückgekommen, der Sturm ist geblieben. Auch unser entfernter Nachbar hat sich inzwischen aus dem Staub gemacht …

Dem Blidinje-See folgt der Jablanica-See, ein Stausee der Neretva, ein weiterer bosnischer Zauberfluss. Nicht nur Mostar auch Konjic kann mit einer Brücke aus osmanischen Zeiten über die Neretva beeindrucken.

Ab Konjic wird auf eine Neben-Nebenstrecke gewechselt, des Naturerlebnisses wegen. Die „Regionalstaße 436“ erweist sich vorläufig als beste Route, das Navi wehrt sich heftig. Die anfänglichen Freuden enden unangekündigt abrupt, aus schlechtem Asphalt wird eine nervenaufreibende Steinschlag-Piste. In quasi Schrittgeschwindigkeit werden die folgenden 25 Kilometer überwunden …!

Auch innerhalb Bosniens werden immer wieder die Grenzen zwischen der Föderation Bosnien und Herzegowina und der Republika Srpska gewechselt. Wo man sich gerade befindet,  davon zeugen die jeweiligen Flaggen, Gotteshäuser oder Schirme der vorherrschenden Biermarke.

Bei Foča mischt sich ein neuer Zauberfluss ins Geschehen, die Drina. An ihrem Ufer wird für heute der Motor abgestellt.

Abkühlung, Bergkulissen und ein Häuschen am See


3. Tag: Dienstag, 2. Juli 2024

Strecke: Kulen Vakuf –  Drvar — Livno — Tomislavgrad – Blidinje jezero

Streckenlänge: 222 km (gesamt 873 km)

Das nächtliche Gewitter hat die Temperaturen ordentlich heruntergekühlt.

Eine von Fahrzeugen befreite Nebenroute führt durch bosnische Bergwelten. Zwischendurch erinnern immer wieder Ruinen an den kriegerischen Zerfall Jugoslawiens vor 30 Jahren. In Livno werden die dicksten mitgeführten Jacken ausgepackt, inzwischen zeigt das Thermometer herbstliche 15 Grad.

Hinweistafeln warnen vor Wildpferden. Leider sind die Biester sehr scheu und entziehen sich unseren Blicken. Der Blidinjsko jezero ist die heutige Endstation, der See ist Teil des Blidinje-Naturparks und mit seinen 1.173 Höhenmetern der größte Bergsee Bosniens. Es weht ein stürmischer Wind über das Hochplateau. Der urige Campingplatz ist sehr rudimentär ausgestattet: ein Mobil-Klo, eine ebensolche Dusche, eine Blechhütte mit Küche und einem gut befüllten Kühlschrank. Bezahlt wird selbstständig in eine Box. Der Andrang hält sich in Grenzen, nur zwei Vehikel allein in unberührter Natur!

Die bosnischen Bergen sind (zum Glück) WLAN-frei, was gleichbedeutend ist mit: keine Infos zum Österreich-Türkei-Match ;-)! Die Nachrichten vom Spielstand kommen per SMS,  leider schlechte, trotzdem Dank an Philipp!

Zauberhafte Una


2. Tag: Montag, 1. Juli 2024

Strecke: Šimunčevec – Zagreb – Petrinja – Hrvatska Kostajnica (HR) – Kostajnica (BiH) – Novi Grad – Bosanska Krupa – Bihać – Kulen Vakuf

Streckenlänge: 252 km (gesamt 651 km)

Die ersten Kilometer lassen keinen Platz für Romantik. Rund um Zagreb staut sich das Blech, etwas später trennt sich die Spreu vom Weizen. Die Mehrheit biegt ab Richtung kroatischer Küste, vereinzelte Vehikel rollen nach Süden, Richtung bosnischer Grenze. Ab Petrinja ist die Welt wieder in Ordnung, eine ruhige Landstraße schlängelt sich durch hügelige Landschaft und kleine Dörfer. Auffallend, Kroatien hat eine Vorliebe für die unverputzte  Rohziegelbauvariante.

Die Una drängt sich ins Geschehen. Sie entspringt im südlichen Kroatien, markiert über weite Strecken die Grenze Bosniens zu Kroatien und mündet im Norden bei Jasenovac in die Save. Ein Traum von einem Fluss, mal ruhig plätschernd, mal heftig rauschend, mit unzähligen Katarakten in allen Ausformungen, Stromschnellen, Inseln, Verästelungen, … 

Südlich von Bihać gehört ihr ein ganzer Nationalpark, wo sich auch die fahrende Bettenstation einparkt.

Ein neuer Reisebegleiter, eine Operettenstadt und kroatische Gastlichkeit


1.Tag: Sonntag, 30. Juni 2024

Strecke: Wien – Mattersburg (A) – Szombathely (HU) – Lendava (SLO) – Mursko Središće (HR) – Varaždin – Koprivnica – Šimunčevec

Streckenlänge: 399 km

Start zum dritten Anlauf in die albanischen Alpenwelten. Die ersten beiden Versuche scheiterten an den Zufahrtswegen, diese sollten sich gebessert haben …

Als Reisebegleiter neu im Team ist „Rosti“, ein in die Jahre gekommener Dacia Logan mit, wie der Spitzname verrät, zunehmenden Korrosionsbefall. Geschlafen wird im von den Rücksitzen befreiten Kofferraum.

Der erste Anreisetag rollt wie auf Schienen, auf verkehrsarmen Straßen werden zügig Grenzen überschritten. Das erste Erfrischungsgetränk labt im kroatischen Mursko Središće die erhitzten Körper. Die einstige Kohle- und heutige Grenzstadt zu Slowenien liegt direkt an der Mura/Mur.

Das erste Etappenziel wird von einem Operetten-Schlager begleitet: „Komm mit nach Varasdin!“ Ein wahrer Gassenhauer aus der Operette Gräfin Mariza von Emmerich Kálmán an dem sich auch schon Peter Alexander ausprobiert hat. Wahrzeichen der schmucken Barockstadt ist die ehemalige Burg, das heutige Schloss mit seinen roten Dachhauben. Der heiße sonntägliche Nachmittag hat die Altstadt leergefegt, nur vereinzelt, an Schattenplätzen und in Schanigärten bewegt sich etwas …

Die angepeilte Schlafstation auf einem Weinberg nahe Koprivnica ist nicht mehr existent. Kroatische Gastlichkeit vereitelt alle Enttäuschung. Bei Grillfleisch und lokalem Wein inmitten einer ständig anwachsenden Freundesrunde werden neue Pläne ertrunken …

Schlussendlich öffnet sich der  Kofferraum in Šimunčevec, einer winzigen Ansiedlung in den Hügeln nahe Zagreb.