Michael Cramer, Vater vom Berliner Mauer-Radweg und Westfälischer Dickschädel
Samstag 17. Dezember
Alte Potsdamer Straße unweit der neuen Hauptschlagader Berlins, dem Potsdamer Platz. Eine italienische Trattoria im traditionellen Weinhaus Huth inmitten von Stahl- und Glasriesen. Michael Cramer (http://www.michael-cramer.eu/aktuelles/) Vater des „Berliner Mauer-Radweg“ sowie des „Europa-Radweg Eiserner Vorhang“ nimmt sich viel Zeit um über seine Herzensthemen zu sprechen. Bis zur heutigen 160 Kilometer langen und mit 900 Infotafeln ausgeschilderten Mauerweg-Radstrecke rund um Westberlin war es ein weiter Weg. Beharrlich hielt der Grün-Politiker an seiner Vision fest. „Ich bin ein Westfälischer Dickschädel“, sagt er mit einem Lächeln auf den Lippen. Die Idee kam Cramer schon kurz nach dem Fall der Mauer: „Die Mauer muss weg, war damals die Parole und das war sehr kurzsichtig gedacht, als könnte man Geschichte ausradieren. Heute sind alle froh über die wenigen Reste die noch existieren. Die meistgestellte Frage heute in Berlin: ‚Wo stand eigentlich die Mauer'“? Sein, im österreichischen Ersterbauer-Verlag erschienener „Berliner Mauer-Radweg“-Führer ging inzwischen 50.000 Mal über die Ladentische. „Wir wollten nicht die Mauer erhalten, aber die Geschichte. Es lässt sich Geschichte, Politik, Natur, Kultur, im wahrsten Sinne des Wortes er-fahren.“ Ein weiteres Herzprojekt ist der 20 Länder verbindende „Europa-Radweg Eiserner Vorhang“ (http://www.eurovelo.com/de/eurovelos/eurovelo-13?set_language=de). Doch am Anfang dieser 10.000 Kilometer langen länderübergreifenden Langstrecke stand der Deutsch-Deutsche Radweg. Neben Herz und Hirn beweist Cramer eine große Portion Witz: „Buchstabieren Sie einmal Deutsch-Deutscher Radweg!“
Im Schlusssatz bingt der charismatische Rad-Aktivist alles auf einen Punkt: „Es waren die Menschen die die Welt verändert haben. Die Mauer in Berlin wäre nicht gefallen ohne Solidarność, ohne die Singende Revolution in den Baltischen Staaten, ohne Charta 77, ohne die Demokratiebewegung in der DDR, die Menschen haben die Welt verändert, die Politik in Ost und West hat darauf nur reagiert, reagieren müssen. Das dürfen wir nie vergessen!“
Nachtrag:
Niemals vergessen, die Maueropfer
Litfin, Gueffroy, Bramböck
28 Jahre stand die Berliner Mauer, vom 13. August 1961 bis 9. November 1989. In dieser Zeit starben 128 Menschen bei Fluchtversuchen. Der erste Mauertote war Günter Litfin, er wurde am 24. August 1961 als er durch den Humboldthafen an das westliche Ufer schwimmen wollte erschossen. Das letzte Maueropfer war Chris Gueffroy, er starb am 6. Februar 1989 im Kugelhagel beim Versuch durch einen Verbindungskanal von Treptow nach Neuköln zu schwimmen. Aber auch nach ihrem Fall blieb die Mauer tödlich. Der erst 14jährige Christoph-Manuel Bramböck betätigte sich wie viele andere als „Mauerspecht“ um Erinnerungsstücke herauszuschlagen und wurde dabei am 31. August 1990 von einer herabfallenden Mauerplatte erschlagen.