Nebelland, Mur-Radweg und das Grüne Album


Samstag 05. November

Karte

Strecke: Ratsch an der Weinstraße – Ehrenhausen – Spielfeld – Mureck – Oberau – Fahrrad- und Fußgängerbrücke nach Slowenien – Apace (SLO) – Gornja Radgona – Bad Radkersburg (A) – Spielfeld – Ehrenhausen – Ratsch an der Weinstraße
(von Ehrenhausen bis Bad Radkersburg mit dem Rad, 49 km)

Geplante Feste finden nicht statt, so ist das auch mit der Wettervorhersage. Satt angesagtem strahlenden Sonnenschein dominierte das graue Band in allen Schattierungen. Der Mur war es egal, die Wassermassen bewegten sich unbeeindruckt Richtung Drau. Wir hatten keine Wahl. Dafür entschädigten uns die Nebelwelten der Südsteirischen Weinstraße und dem Mur-Grenz-Radweg konnte selbst die Düsterstimmung seine Romantik nicht nehmen.
Die spontane Extratour in das südsteirische Grenzland haben wir Natalie Ofenböck und dem Nino aus Wien zu verdanken, präziser gesagt, ihrem „Grünen Album“ (Edition Bader/Problembär Records), gespickt mit phantasievollen Briefen, modern naiven Zeichnungen und einer wunderbaren Mischung aus Volksmusik und Wiener Rock’n’Roll. Inspiration pur! Das Abendprogramm haben uns die beiden auch mit auf den Weg gegeben: Buschenschank, Brettljausn und a „Vier-Finger-Mischung“! Der Klapotetz muss bis morgen warten.

Brompton-Race mit Kulturstrick und Eierschädl


Sonntag, 23. Oktober 2016

Erste Wiener Fahrradschau in der Fleischerei (ehemaliger Schlachthof) St. Marx. Einer von vielen Programmpunkten, das BWC-Rennen (Vienna Brompton World Championship 2016) samt Dresscode: Sakko, Kulturstrick (Krawatte) plus Eierschädl (Fahrradhelm). Für mich in zweierlei Hinsicht eine Premiere, erstes Antreten bei einem Brompton-Contest und als unvernünftiger „Oben-Ohne-Fahrer“ erster Körperkontakt mit einem Eierschädl. Windschlüpfriger vielleicht, dennoch ließen die Sportradler den Reiseradler blass aussehen. Acht Runden um das Golif Riesengemälde „Der Beobachter“, zirka 10 Kilometer Streckenlänge. Fürs Stockerl hats bei weitem nicht gereicht, Endstand Platz 20. Es zählt der olympische Gedanke! Danke an mein Service-Team (Angela, Lili und Gottfried). Danke auch an die Cooperative Fahrrad (www.fahrrad.co.at), die meine „Vorhang-Auf-Tour“ prominent auf ihrem Stand präsentiert hat.

Weitere Bilder unter Fotos.

Wieder in Wien, Rochusmarkt-Bande und Zusammenfassung


16. Tag, Samstag 1. Oktober

Karte

Strecke: Riga – Wien (Flug)

Riga vier Uhr in der Früh. Wenig Schlaf, mit dem Taxi zum Flughafen. Wenige Stunden später, wieder in Wien. Genauer, vereint mit der Rochusmarkt-Bande, nach erledigtem Einkauf, beim allsamstaglichen Jour fixe am Würstelstand. Schön!

Die Zusammmenfassung:
Strecke: St. Petersburg – Riga
Länder: Russland, Estland, Lettland
Gefahrene Kilometer: Gesamt (968 km), mit dem Rad (683 km), Zug (175 km), Bus (110 km)
Grenzübertritte: 2
Reisetage: 16
Bettstationen: 12 verschiedene Betten, davon drei (St. Petersburg, Tallinn, Riga) doppelt belegt

Vielen Dank fürs Lesen, Liken, Begleiten und für euren Zuspruch. DANKE!

Im Dezember geht es weiter mit dem Berlin-Mauerradweg.

Alles Liebe & Dank
Mario & Angela

Kosmetische Korrektur, Zielfoto und Halli Galli


15. Tag, Freitag 30. September

(Strecken-Karte St. Peterburg Riga)

Strecke: Riga

Stadtrundfahrt: 7 km

Die letzte Radetappe hat gestern unerwartet, abrupt geendet. Irgendwie ein Schönheitsfehler in der Chronologie. Also packen wir unsere Räder heute noch einmal aus und drehen eine Ehrenrunde durch Riga, samt hochoffiziellem Zieleinfahrt-Gruppen-Foto.
Riga ist die größte der baltischen Hauptstädte. Die Altstadt liegt an der Daugava (Düna) und ist ein ähnliches Museumsdorf wie Tallinn. Allabendlich überfüllt von vergnügungssüchtigen, grölenden Touristen-Horden. Außerhalb des Altstadtringes ändert sich das Stadtbild schlagartig. Da fällt mir prompt ein Sigi Maron Song (Text: Fritz Nussböck) ein: „S’Lebn is hoat in Favoriten“. Aber das würde jetzt zu weit führen … Wir finden dennoch unser Wohlfühlplatzerl und stoßen an auf unseren letzten Abend. Alles inklusive: „Es war großartig!“

ps: Morgen folgt der Abschlussbericht.

Kein Netz, erst Kurzstrecke, dann Bus


14. Tag, Donnerstag 29. September

Karte

Strecke: Häädemeeste – Jaagupi – Kabli – Ikla (EST) – Ainazi (LV) – Riga

Streckenlänge: 28 km Fahrzeit: 1 h 35 min

Strecke: Ainazi – Riga mit dem Bus – 110 km, Fahrzeit: 2 h 20 min

Der zeitverzögerte frühmorgendliche, aber eigentlich gestrige Blog, hat möglicherweise für Verwirrung gesorgt. Schuld daran war nicht das Wirtshaus, schuld daran war das zwar angekündigte, dennoch nicht vorhandene Internetz. So sind wir heute sehr zeitig in die örtliche Bücherei (Geheimtipp) gepilgert, die zwar noch geschlossen war, trotzdem ließ sich das Netz anzapfen.
Die letzten 28 Kilometer bis zur lettischen Grenze waren nicht nur theoretisch ein Katzensprung. Eine ruhige, kaum befahrene Landstraße und wie immer, rechts außen nach dem Waldstreifen, das Meer. Der Grenzübertritt war nach über einer Woche Estland etwas wehmütig. Die lettische Willkommenspolitik verwehrt uns die Nebenstraßenromantik und bietet uns stattdessen die A1. Wir, nicht blöd, besteigen den Bus. Das entlastet Beine und Nerven und bringt uns einen vollen Tag in Riga. Unseren morgigen, letzten

Schwerverkehr und Wirtshaus statt Dünen


13. Tag, Mittwoch 28. September

Strecke: Pärnu – Uulu – Voiste – Häädemeeste

Streckenlänge: 43 km Fahrzeit: 3 h

Auf idyllischen Pfaden verlassen wir Pärnu. Des Glück is a Vogerl, wenige Kilometer später landen wir auf der Hauptverbindung Pärnu – Riga. Zwei Spuren, in jede Richtung eine, Schwerverkehr inklusive. Ein Entlastungstag sollte es werden. Nur schlanke 43 Kilometer. Theoretisch ein Hupfer. Praktisch ein hartes Stück Mental- und Beinarbeit im (Gegen)Windkanal gegen die vorbeiziehende Blechlawine. Die letzten sechs Kilometer drürfen wir wieder gemächlich der heutigen Endstation entgegentreten. Es beginnt zu regnen und hört nicht mehr auf. Anstatt durch die angeblich höchsten Dünen Estlands zu wandern, begeben wir uns ins örtliche Wirtshaus.

Durchgefroren, hungrig, schweißnass und regentrocken


12. Tag, Dienstag 27. September

Strecke: Paatsalu – Varbla – Töstamaa – Pootsi – Audru – Pärnu (Karte)

Streckenlänge: 82 km Fahrzeit: 5 h 15 min

Die letzte Nacht war sehr speziell. Schon bei der (mitgebrachten) abendlichen Jause war es sehr huschi! Im Zimmer war es später bitterkalt, der kleine Zustellheizkörper arbeitete nach Kräften. Da hilft nur kuscheln!
Der morgendliche Nebel ist die Steigerung dieser ohnehin schon unglaublichen Kulisse. Für den heutigen Streckenabschnitt gilt: „Copy And Paste“ (siehe Tag 11). Da wir alle mitgeführten Vorräte am Vorabend verputzt haben, wird erst einmal bromptonisiert. Die ersten Vitamine in Form von sauren Mostäpfeln bietet der Straßenrand. Bei Kilometer 25 beglückt uns ein Mini-Markt, bei Kilometer 35 gibt es heißen Kaffee. Die Mittagspause folgt im letzten Drittel, hoch über der Erde, dem Himmel ein Stück näher, auf einer einsamen Aussichtsplattform im Wald. Der Himmel bringt uns zum Thema Wetter. Die Liebste verbringt viel Zeit mit dem Kopf in den Wolken und pflegt ihre „gallische“ Angst, dass uns „der Himmel auf den Kopf fallen könnte“. Schlussendlich landen wir erschöpft in der estnischen Sommerhauptstadt Pärnu. Schweißnass, aber regentrocken, so wie jeden Tag. So darf es bleiben.

Landschaftlicher Stillstand, Zahlenspiele und ein Häuschen am Wasser


11. Tag, Montag 26. September

Strecke: Haapsalu – Kabeli – Kirbla – Lihula – Tuudi – Karuse – Paatsalu (Karte)

Streckenlänge: 75 km Fahrzeit: 5 h

Haapsalu im morgendlichen Nebel. Kinder auf dem Schulweg, einige Fischer versuchen ihr Glück auf der Strandpromenade, der Blick in die Ferne ist verschleiert.
Zur heutigen Etappe: „Same procedure as every day“ (aus „Dinner for one“). Und da waren sie wieder, die drei „W“ – Wald, Wiese, Wind. Letzterer verhielt sich heute neutral. Wenn sich über Kilometer so gar nichts tut, geht uns das Radeln, vulgär ausgedrückt, schon ziemlich auf die Eier (diesmal wird nicht gegendert). Bei landschaftlichem Stillstand vertreiben wir uns die Zeit mit Zahlenspielen: Auf vier Häuser kommt eine Busstation, aber nur jede zweite hat ein Sitzbankerl. Für einen Mini-Markt bedarf es so um die hundert Wohneinheiten. Jede sechste Hütte hat einen Hund hinter dem Zaun. Die Holz- überwiegt gegenüber der Plattenbauweise. Und auf dem Asphaltband wird gewarnt vor „Elchen“, „Hirschen“, „über die Straße laufenden Kindern“ und „alten Menschen“.
Inzwischen sind wir beim vierten „W“ gelandet, am Wasser. Keine Menschen außer uns, nur Schilf, Libellen, Windräder und ein Fischerboot. Zeit für eine Jause.

Leere Versprechungen, Gegenwind und ein Traum von Haapsalu


10. Tag, Sonntag 25. September

Strecke: Elbiku – Linnamäe – Haapsalu

Streckenlänge: 39 km Fahrzeit: 2 h 33 min

Schweren Herzens verlassen wir unser Waldhäuschen, mit Balkon und Fliegenpilz vor der Tür. Unterwegs nichts Neues – Wälder, Felder und wieder Wälder. Immer wieder begegnen wir der Warntafel „Achtung Elch“. Alles leere Versprechungen! Auf leichten Rädern, zuerst auf Nebenstraßen, später auf Radwegen, geht es Richtung Haapsalu. Ständig gegen den Wind. Haapsalu ist wahrscheinlich nicht viel größer als Mödling, dafür mit Meer. Und Haapsalu ist genauso kuschelig wie es klingt. Sogar die Einfahrtsstraße mit den unvermeidlichen Einkaufstempeln hat etwas Rührendes. Es gibt einen Bahnhof, allerdings außer Betrieb, ein Eisenbahnmuseum, einen Hafen, eine Strandpromenade, eine Burg mit bestens erhaltener Burgmauer, viel Holzbauweise und ein wunderbares, folkloristisches Wirtshaus. Sogar die liebe Sonne (vormals „gelbe Sau“) hat uns heute den ganzen Tag beleitet. Wir sind bestens bedient.

Eindrücke-Ping-Pong und ein Häuschen im Wald


 

9. Tag, Samstag 24. September

Strecke: Paldiski – Madise – Padise – Harju-Risti – Vihterpalu – Alliklepa – Nova – Tuksi/Bergsby – Läänemaa

Streckenlänge: 78 km Fahrzeit: 5 h 15 min

Wir verlassen die Plattenbaukolonie und treten in Richtung Haapsalu. Die heutige Etappe bietet keine besonderen Sensationen: Landstraßen, Felder, Radwege, Wald, Meer und noch mehr Wald. Die letzte Teilstrecke nervt uns mit einer Sand-Schotter-Piste, teilweise unfahrbar, die Liebste flucht und schiebt! Um uns die Zeit zu vertreiben spielen wir Eindrücke-Ping-Pong:
Angela: Die Est_innen sind besonders rücksichtsvolle Autofahrer_innen.
Mario: Sehr zuvorkommend, aber mit dem Lachen/Lächeln tun sie sich ein bisserl schwer.
A: In Paldiski haben sie nicht viel zu lachen.
M: Die Infrastruktur, also Ess- und Trinkstationen, ist eine Tragödie.
A: Wobei, fast jeder größere Ort hat ein Einkaufszentrum.
M: Da gibt es aber keinen heißen Kaffee und kaltes Bier wird erst ab Zehn verkauft.
A: In einer Absteige wie gestern, ohne Fenster, schlaf ich nicht mehr!
M: Dafür haben wir das bröselnde Russendenkmal gefunden.
A: Die Taverne im Plattenbaukaff war großartig.
M: Großartig ja, aber wir waren die einzigen Gäste.
A: Wo essen und trinken die Est_innen?
M: Zu Hause?
Apropos zu Hause. Heute bewohnen wir ein kleines Traumhäuschen, mitten in der Pampa, mitten im Wald.