Kopfdisco, Schieben ohne Scham und ein Campingtraum


6. Tag: Sonntag, 22. September 2024

Strecke: Maribor – Slovenska Bistrica – Slovenske Konjice – Celje – Vransko

Streckenlänge: 88 km (gesamt 421 km)

Das Zelt wurde über Nacht von einer Gruppe Jugendlicher umzingelt und belagert. Ein unerwarteter/-gewollter Kuschelkurs …

Die Stadtausfahrt gelingt auf Anhieb. Markierte Radrouten gibt es keine, eine Bundesstraße nahe der Autobahn, mit Kurzstrecken auf getrennten Radwegen, führt über Celje zum heutigen Schlafplatz nahe Vransko. In Slowenien sind sie wieder da, die Berge. Ab heute ist fix: steilere Anstiege werden ohne Scham geschoben. Horden von Motorradfahrer drängen lautstark Richtung Süden. Auf dem Schallplattenteller im Kopf hängt die alte Wolfgang-Ambros-Scheibe „I drah zua“ in der Dauerschleife.

In Celje gibt es vor dem letzten Viertel, eine kleine Stadtrundfahrt zur Zerstreuung  und Erfrischungsgetränke als Motivation für die Weiterfahrt. Die letzten Kilometer kämpfen sich Rad und Fahrer steigungsfrei bis zum heutigen Ziel. Ein harter Arbeitstag wird mit einem Traum von Campingplatz belohnt. Eine Streuobstwiese, ein Teich, im Hintergrund ein Hügel mit einer Kapelle und diesmal ohne dichte Nachbarschaft..

Wieder nix Fisch, draußen kalt und drinnen warm


Eine bosnische Reise
Dienstag, 19. September

Strecke: Patkovina/Drina Camp – Foča – Drinatal – Patkovina/Drina Camp

»Der frühe Vogel fängt den Fisch», um sechs Uhr morgens mach ich mich auf den Weg. Neuer Tag, neues Anglerglück, so war der Plan. Wieder nix. Schlimmer noch, jetzt liegen auch die letzten beiden metallischen Fischköder am Drina-Grund zwischen Steinen verheddert. In Foča wird aufgerüstet für den Nachmittag, neue Fischköder wandern ins Einkaufssackerl. Als Fleißaufgabe fahren wir heute schon Mal die morgige Strecke durchs Drinatal Richung Montenegro. Wo noch vor Jahren die Einsamkeit zu Hause war, wachsen Wildwasser-Camps aus der Erde. Zurück im Drina-Camp wird noch einmal an den Fischfangkünsten gefeilt. Angebissen hat wieder keiner, aber Teilerfolge beim Auswerfen und im Umgang mit dem Gerät machen Hoffnung! Inzwischen hat es stark abgekühlt, aber im Zelt bleibt der Wind draußen und im Schlafsack die Wärme drinnen, somit alles im Wohlfühlbereich.

Die Drina-Brücke, eine weitere Kulissenstadt und eine Frisch-Fisch-Niederlage


Eine serbisch/bosnische Reise
Montag, 18. September

Strecke: Mokra Gora (SRB) – Višegrad (BiH) – Goražde – Patkovina

Das Kusturica Kulissendorf war «nett», aber eben unecht: Ein Ivo Andrić Boulevard, eine Maradonna Straße, ein Che Guevara Weg, ein Stanley Kubrick Kino – ein Schnäppchen für Kusturica-Fans only. Die Bosnische Grenze ist nur mehr einen Katzensprung entfernt. Als erstes empfängt uns Višegrad mit seiner symbolhaften Brücke über die Drina. Nur 28 Kilometer vom «Küstendorf» entfernt befindet sich in Višegrad eine zweite Kusturica Wunderwelt: «Andrićgrad». Wo einst gesportelt wurde steht heute eine weitere Filmkulisse für die geplante Verfilmung des Andrić Klassikers «Die Brücke über die Drina». Sehr viel Scheinwelt in Anbetracht dessen was uns die Brücke alles erzählen könnte: Über gute Zeiten, wo Moslems, Christen, Juden und Orthodoxe sich friedlich die Brücke teilten und über schlechte Zeiten, von Vertreibung und Völkermord im Bosnienkrieg. Weiter geht es gegen den Lauf der Drina Richtung Ursprung, bei Patkovina nahe Foča dürfen wir zum ersten Mal unter Bäumen unser Zelt aufbauen (https://www.autocampdrina.com), die Drina zum Greifen nahe. Nur der Plan mit dem frischen Fisch ist im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser gefallen: Ein Blinker (Fischköder) liegt am Grund der Drina vergraben, den nächsten musste ich zwei Mal vom Drina-Grund wieder herauftauchen. Weiters mehrmalige «Wickel» mit der Angelschnur. Eine Niederlage auf allen Ebenen! Heute Abend doch wieder Fisch aus der Wirtshausküche.