Ein blaues Wunder, schon wieder ein UNESCO-Erbe und schlafen gehen mit den Kühen
11. Tag: Sonntag, 22. September
Strecke: Ksamil – Syri y Kaltër – Gjirokastër – Leskovic – Shelegur Farm
Streckenlänge: 179 km
In der letzten Nacht hat in Albanien heftig die Erde gebebt, mitbekommen haben wir nichts davon.
Das Zelt am Dach wird abgegaut, dem Meer der Rücken gekehrt. Der Straße führt nach Osten zurück in die Berge. Am Weg liegt Syri y Kaltër, das Naturphänomen des «Blauen Auges», aus einer unterirdischen Quelle im Fluss sprudeln pro Sekunde sechs Kubikmeter klares Wasser schimmernd in den Farben Grün, Blau, Gelb. Rund ums Wasserloch stehen Hundertschaften von Besucher_innen in verrenkten «Selfie-Posen».
Jeden Tag ein neues UNESCO-Erbe, heute ist es Gjirokastër. Auf einem Berg gelegen, unter sich eine breite Tiefebene, ist die «Stadt aus Stein» eine der best erhaltendsten osmanischen Städte Südosteuropas. Im neuen Stadtteil wohnen die Menschen, im Bazar und in der Altstadt streunen die Tourist_innen. Gjirokastër ist auch die Geburtsstadt von Enver Hoxha, Gründer der Kommunistischen Partei Albaniens nach dem Zweiten Weltkrieg und totalitäres Staatsoberhaupt bis zu seinem Abgang 1985. Noch ein Detail am Rande, kurz vor Gjirokastër biegt eine Straße Richtung des Dorfes Lazarat. Hier verschanzt sich die albanische Mafia und baut hinter hohem Gemäuer illegale Rauchwaren an. 2014 ließ der Ministerpräsident das Dorf stürmen, eine Reisewarnung für das Haschisch-Dorf besteht noch immer.
Die Straßen werden ruhiger und nach der Abzweigung in Richtung Korçë gehören sie uns fast alleine. Ab und zu ein Reiter oder ein, wie immer frisch gewaschener (Lavazh!) Mercedes. Immer öfter begegnen uns zweisprachige Wegweiser und bald ist auch die griechische Grenze in Sichtweite. Wir bleiben in Albanien und zweigen ab, noch höher in die Berge. Eine Farm nahe Leskovic wird das heutige Zuhause. Eine große Wiese, ein einziges Zelt, rundherum Weiden. Das einzige Geräusch der Umgebung sind die Kuhglocken. Wir werden fürstlich bewirtet und gehen mit den Kühen schlafen, die Kühe wandern von der Weiden in den Stall, wir in unser Zelt.