Üppige Vielfalt, bis in die letzten Winkel und ein Ausflug in den Himmel


13. Tag: Freitag, 26. Juli

Strecke: Louisburgh – Leenaun – Tully Cross – Cleggan – Clifden – Ballyconneely

Streckenlänge: 101 Kilometer

Üppige Vielfalt, bis in die letzten Winkel und ein Ausflug in den Himmel

Es wäre so schön gewesen, hätte das Gewitter bis nach dem Zeltaufbau gewartet!
Die vorletzte Etappe beginnt vielversprechend. Sonne und Regen in der Dauerschleife, Regenbogen am laufenden Band, bis in Folge die Wolken das Schauspiel gegen die Sonne für sich entscheiden. Es schüttet als gäbe es kein morgen! Obwohl, die Strecke ist an Schönheit und Vielfalt nicht zu überbieten. Den Übergang der Provinz Connacht in die Region Connemara hat alles zu bieten: Almlandschaften zu ebener Erde, Bergwelten rundherum, rauhe Täler, tiefliegende Seen, verwunschene Wälder, Moorgebiete, unzählige Wasserfälle, … Nicht einmal das Wetter kann den Reiz der Umgebung schmälern. Auf allen Wegen allein auf weiter Flur, abgesehen von den Wollviechern. Ein einziger Menschenauflauf aus dem Nichts kurz vor Leenaun – der freitägliche Kirchgang!
Am späteren Nachmittag klärt sich der Himmel. Eigentlich wäre es ein Katzensprung nach Clifden der inoffiziellen Hauptstadt von Connemara, aber der «Wild-Atlantik-Way» fährt jeden Winkel der Insel aus und hat immer Überraschungen auf Lager. 3 Kilometer vor Clifden empfiehlt er einen Abstecher auf den «Sky-Road-Loop». Aus 3 Kilometern werden 15, rauf in die Höhe, rauf in den Himmel! Der Ausblick auf die Inselwelten ist «loveley», aber wird der Strapaze nicht gerecht!
Ausschnaufen bei einem Guinnes in Clifden und noch ein Stück weiter nach Ballyconneely. Das Haus steht diesmal am White Strand, Atlantik-Blick inklusive. Die letzte Zeltnacht, morgen wartet wieder ein gemachtes Bett.

Ein gestörtes Verhältnis, ein Greenway und ein Pilger-Berg


12. Tag: Donnerstag, 25. Juli

Strecke: Kildavnet Castle (Achill Island) – Mallaranny – Newport – Westport – Louisburgh

Streckenlänge: 76 Kilometer

Am angedachten Schlafplatz beim Kildavnet Castle grasen die Schafe. Schafe sind in Irland heilig und dürfen Alles – innerhalb und außerhalb der Zäune. Schafe vor der Burgruine, Schafe am Friedhof, Schafe auf der Straße, … Auch mein Platzerl ganz in der Nähe muss erst vom Mist der Mistviecher befreit werden. Mein Verhältnis zu Schafen ist im Moment etwas gestört!
Die Pattens Bar ist bestens gefüllt, lauter schon etwas angegraute Ladys und eine Hand voll ebensolcher Gentlemen. Grund für diesen Auflauf ist ein Kartenabend wie jeden Mittwoch. Die Liebste fragt: «Der Pub oder das Pub?» Egal, Hauptsache ein Pub!
Im Zelt sitzen und warten bis das Unwetter vergeht. Haushaltsarbeiten vertreiben die Zeit dabei. Die Insel-Rundfahrt wird auf Grund der Wetterlage abgesagt, es geht von der kleinen zurück auf die große Insel. Die Region von Achill Island bis nach Westport ist ein Radler_innen-Hot-Spot, ein idyllischer «Greenway» durch die Botanik ohne Abgase. Regen, Wolken und Sonne liefern sich ein spannendes Match. Die Landschaft hat den rauen Alm-Charakter verloren und wird wieder hügeliger. Menschen und Häuser sind zurückgekehrt und auch die internationalen Besucher_innen. Von Westport bis zum heutigem Nachtlager begleitet mich linker Hand der «heilige Berg» der Insel, der Croagh Patrick. Die nicht einmal 800 Meter hohe Kegelpyramide ist der «Jakobsweg» der Ir_innen. In Louisburgh drängt sich unerwartet eine Bettenstation auf – bremsen, absteigen und Rad-Aus!

Kleine Mistviecher, eine Alm zu ebener Erde und die ewige Schlafplatzsuche


11. Tag: Mittwoch, 24. Juli

Strecke: Benwee Head – Carrowteige – Bangor – Mallaranny – Kildavnet Castle (Achill Island)

Streckenlänge: 84 Kilometer

Am Schlafplatz wartet eine Legion von Schaf-Mücken auf ihr einziges Opfer. Winzig klein, sehr lästig und beißen tun sie auch!
Am Morgen verschwindet der Benwee Head im dichten Nebel und die «Irish-Breakfast-News» berichten vom neuen britischer Premier Boris Johnson. Eine Plaudertasche ohne klare Line für das (nord)irische Grenzproblem.
Kein Tag für Poeten, die Wetterlage trägt ihren Teil dazu bei. Richtung Süden ist das einzige Ziel, noch fehlt der Plan. Der Rundumblick, es schaut aus wie auf der Alm im November, nur die fehlenden Höhenmeter passen nicht ins Bild. In Bangor findet sich unverabredet ein Radler-Stammtisch zusammen, es wird fachgesimpelt und die Routen verglichen. Nach einem Guinnes ist der Spuk wieder vorüber. Radfahrer_innen sind nicht viele unterwegs, aber wenn, dann nehmen sie die Süd-Nord-Verbindung und nicht umgekehrt. Wer nicht planen will, muss fühlen! Der Wind will partout nicht gegen Süden blasen. Das Stimmungsbarometer ist im fallen, ein harter Arbeitstag! Über die Corraun Halbinsel rollen die Räder in Richtung Achill Island. Der Zeltplatz steht noch nicht fest, der Empfang auf der Insel entspricht nicht meinem Geschmack, zu viele Menschen. Lieber noch ein Stückerl weiter, weiter südlich gibt es ein Castle, wahrscheinlich eine Ruine und hoffentlich auch Ruhe!

ps: das Foto entspricht nicht der realen Wetterlage, ein einziges kurzes Sonnenfenster und schnell den Auslöser gedrückt!

Fast ein Raufhandel, der Wind macht die Stimmung und ein unsichtbarer Pub


10. Tag: Dienstag, 23. Juli

Strecke: Killala – Ballycastle – Downpatrick Head – Glenamoy – Carrowteige – Benwee Head

Streckenlänge: 71 Kilometer

Mein Nebenan am Tresen des «John Lynn’s» ist Teilzeitfarmer, leben davon geht sich nicht aus, «es gibt zu wenig Geld für Fleisch und Milch», sein Job bei Coca-Cola ernährt die Familie. Die abendliche Koch-Session wird von einer offensichtlich Wahnsinnigen und ihrem offensichtlich normalen Schäferhund unsanft unterbrochen. Beleidigungen werden ausgesprochen, Schimpfwörter fallen, Gegenstände fliegen durch die Luft, fast kommt es zum Raufhandel. Irgendwann schleicht sie die B…. und es darf weitergekocht werden.
Der Tag beginnt wie jeder Zelttag mit einem Häferl-Kaffee. Die Sonne zeigt sich, obwohl die drohend schwarzen Wolken, immer auf Bereitschaft am Himmel mitziehen. Heute kommen fast alle Windrichtungen zum Einsatz, es beginnt mit Rückenwind, später kommt er von links und noch später auf Konfrontationskurs. Mit der Windrichtung ändert sich auch die jeweilige Stimmung. In den besten Momenten gibt es Anflüge vom Gefühl der absoluten Freiheit!
Der Downpatrick Head mit seinem gigantischen Brandungspfeiler ist der erste Kick des Tages (Foto). Zu Fuß geht es über eine Gasbuckelpiste zum Klippenrand. Ab Ballycastle verändert sich die Landschaft, die Gegend wird rauer. Es verschwinden die Häuser, es verschwinden die Automobile und es verschwinden auch teilweise die Zäune, die Schafe haben Freigang! Die heutige Endstation ist der Benwee Head, ein einsamer Zipfel am Ende der Insel. Klippen und grüne Hügel soweit das Auge reicht. Am Weg dorthin wenige verstreute Häuser, eine einsame Einkaufsmöglichkeit und ein unsichtbarer Pub. Kein Wegweiser, keine Bierwerbung, kein Garnichts. Beim dritten Anlauf gibt es dann doch noch Internetz und Guiness!

Tiefpunkt, Gegenwind und ein Traum von Killala


9. Tag: Montag, 22. Juli

Strecke: Sligo – Aughris Head – Easky – Inishcrone – Ballina – Killala

Streckenlänge: 93 Kilometer

In Sligo ist die Stimmung am Tiefpunkt. Auch das trockene Bett mit Frühstück passen zur allgemeinen Lage. Es kann nur besser werden!
Ein stark befahrener Highway führt raus aus der Stadt, anfangen tut’s nicht gut, erst die «Coast Road» bringt Entspannung. «Hügerl aufi, Hügerl obi», auf beiden Seiten das gewohnte Bild – Steinmauer rechts, Steinmauer links, dahinter jeweils eine saftige Wiese, auf den Wiesen entspannen sich Schafe oder Rindsviecher. Was auffällt kein Rindsviech trägt noch seine Hörner! Der Atlantik-Weg Richtung Süden verspricht einige Höhepunkte: Aughris Head (ein Strand mit Pub), Easky Beach (ein Stand mit verfallenem Turm), Inishcrone (ein Stand mit Dünen). Viel Tamtam um wenig. Was noch nicht erwähnt wurde, der Wind bläst immer in Opposition zur Fahrtrichtung. Auch schon die letzten Tage hat er aufgezeigt, aber heute ist kein Weiterkommen. Sogar bergab, ohne treten ist wie Stillstand. Auf der positiven Seite steht heute das Wetter, Sonne und Wolken in Rotation. Der Gegenwind raubt alle Reserven. Ein neuerlich vorzeitiger Tour-Abbruch steht bevor. Inishcrone bietet sich an, Blinker raus, ein Lokalaugenschein: Sand soweit das Auge reicht, kein Pub, dafür ein Golfplatz mitten in den Dünen. Nur noch die Nasenspitze tut nicht weh – Trotzdem, das geht gar nicht! – rauf auf’s Rad und weiter. Gute Entscheidung, alles dreht sich, alles bewegt sich! Ein wunderbarer Pub (Keanes Pub) zuvor Ballina hebt die Stimmung. Ende gut, alles gut, das Tagesziel Killala ist ein Traum! 1798 sind die Franzosen in Killala an Land gegangen um gemeinsam mit den Iren gegen die Engländer zu kämpfen. Der Ausgang ist bekannt, die Republik Irland wurde erst 1921 unabhängig. Jedenfalls, Kallila ist ein Hit, der ins Auge gefasste Schlafplatz am „Quay“, das lokale Pub John Lynn & Sons und überhaupt, die Ortschaft an sich. Als Belohnung gibt es heute ein Fläschchen «Lustigmacher» zu den Packerl-Nudeln!

Ein Korb für die Rolling Stones, unerfüllte Versprechungen und Regen auf allen Wegen


8. Tag: Sonntag, 21. Juli

Strecke: Kilbarron Castle/The Ross – Ballyshannon – Mullaghmore Head – Sligo

Streckenlänge: 63 Kilometer

Ein maximales Handicap, um in der allgegenwärtigen Golfsprache zu bleiben, ist der Zeltaufbau bei maximaler Windstärke. Es war ein hart erkämpfter Zittersieg in der Verlängerung!
Der heutige Tag ist schnell abgehandelt, ein Gaskocher-Instant-Kaffee mit Castel-Blick ist sich noch ausgegangen, kurz später ab Ballyshannon ist «ER» gekommen und den ganzen Tag geblieben. Nebenbei, Ballyshannon bezeichnet sich als älteste Stadt Irlands, der Held der Stadt ist Rory Gallagher (1948 – 1995). Herr Gallagher, ein Blues-Prediger, hat bei vollem Bewusstsein Bands wie Cream, den Rolling Stones oder Depp Purple einen Korb gegeben, als diese ihm einen Gitarristen-Job in Aussicht stellten.
Einen Abstecher zum Mullaghmore Head verspricht eine Bilderbuchkulisse – ein unvergessliches Küstenpanorama, das Classiebawn Castle und einen Traumblick auf den Ben Bulben. Der Tafelberg Ben Bulben ist das irische Pendant zum australischen Ayers Rock, nur grün anstatt rot. Alle Versprechungen fallen ins Wasser und der Tafelberg versteckt sich in dichten Nebelwolken. Die neue Regenhaut für meine Bike-Tasche ist zwar überdimensional, dafür zweckerfüllend. Die Hoffnung auf einen versöhnlichen Tagesausgang schwinden von Kilometer zu Kilometer, in Sligo wird die Tour dann endgültig abgebrochen und ein Bett mit Frühstück gebucht!

ps: aus Ermangelung sonstiger Alternativen: Fish’n’Chips à la Sligo.

Ein unauffälliger Grenzwechsel, ein Lied im Ohr und schlafen neben dem Castle


7. Tag: Samstag, 20. Juli

Strecke: Derry (NIR) – Convoy (IRL) – Ballybofey – Donegal – Rossnowlagh – Kilbarron Castle

Streckenlänge: 97 Kilometer

Neuer Tag neue Aufregungen, meine Schuhe sind nach Tagen zum ersten Mal wieder trocken, dafür hat sich die Regenhaut meiner Gepäckstasche in Luft aufgelöst, bei der lokalen Wetterlage eine mittlere Tragödie. Die Abfahrt verzögert sich, zuerst muss ein neuer Wetterschutz her. Gesucht, gefunden!
Die Stadtausfahrt von Derry ist ein Traum, ein Radweg führt entlang des River Foyle raus aus der Stadt und mündet in einer wenig befahrenen Nebenstraße. Das Ziel ist der «Wild-Atlantik-Way» an der Westküste. Der Grenzübertritt von Nordirland in die Republik Irland ist nicht wahrnehmbar, keine Tafeln, keine Flaggen, keine Markierungen, einfach nix. Wie schaut dann eine harte Grenze nach dem Brexit aus? Mit den Gedanken bei U2 («Sunday Bloody Sunday») und John Lennon («The Luck of the Irish»), im Ohr klingt Paul McCartneys «Give Irland back to the Irish»!
Einziger Unterschied, die Entfernungsangaben sind nicht mehr in Miles, sondern in Kilometer angeschrieben. Und, alle Wegbeschreibungen sind zweisprachig ausgeschildert, in Englisch und in Irisch-Gälisch.
Die idyllische Landstraße führt durch hügeliges Grünland. Saftige eingezäunte Wiesen soweit das Auge reicht und Schafe, Schafe, Schafe. Leider mündet jede kleine Straße irgendwann in einer großen. Keine Lust auf Verkehrsstress, dann lieber eine Kurzstrecke mit dem Bus nach Donegal. Durch Donegal fließt der River Eske, es gibt ein Donegal Castle und in der Stadtkirche gegenüber wird gerade geheiratet. Nach dem Ja-Wort, die Braut zum Bräutigam (O-Ton): «And now we have a drink!»
Jetzt wartet der «Wild-Atlantic-Way», kurzzeitig noch auf der Hauptstraße, später auf verschlungenen Wegen. Ein Teil des «EuroVelo 1», der Atlantikküsten-Route, führt durch Irland. Die erste Küstenbekanntschaft ist der Rossnowlagh Beach, ein elendslanger Sandstrand, wo Besucher_innen ihre Automobile parken und Sufer_innen auf die perfekte Welle warten. Es kann nur besser werden. Das Problem Schlafplatzsuche hat sich nicht entschärft, das viele Grün und alles eingezäunt. Letztendlich war doch noch ein Platzerl frei, direkt neben dem Kilbarron Castle, oder besser gesagt, dem was von ihm noch übrig ist (siehe Bildhintergrund).

Walled City, Bloody Sunday und Free Derry


 

6. Tag: Freitag, 19. Juli

Derry/Londonderry

Ein großer Abend mit Hindernissen: Die Küchen sperren ortsübergreifend um 21 Uhr. Ein Burger ist sich gerade noch ausgegangen. Zum Tagesabschluss eine Derry-Pub-Runde: Im «Peadar O’Donnell’s» gibt es jeden Abend irische Live-Musik, auch alle Tourist_innen wissen das. Das Lokal ist bummvoll, viel Bier, viele Selfies, viel Folklore, eine tapfere und gleichfalls wunderbare Band. Im «The Bogside Inn» hingegen ist gerade einmal die Bar spärlich besetzt. Von den Deckenstreben erinnert ein Bobby-Sands-Sager – «Our revenge will be the laughter of our children». Einer und eines geht sich noch aus, ein «letzter» Whiskey, ein «letztes» Guinness in der «Oakgrove Bar», eine einfache Nebenan-Kneipe. Keine Tourist_innen, zwei Alleinunterhalter, Pub-Spiele, … der Rest würde zu weit führen!
Nach dem Irish-Breakfast wird schweren Herzens das Bett gewechselt, leistbare Betten in Derry sind rar. Heute gehört der ganze Tag der Stadt am River Foyle. Derry wird aufgrund seiner begehbaren und bestens rausgeputzten Stadtmauer auch «The Walled City» genannt. Einmal die eineinhalb Kilometer im Kreis gelaufen und Derry ist überblickt, sowohl der historische Stadtkern als auch die Viertel rundherum. Derry war auch ein trauriger Hauptschauplatz im Nordirland-Konflikt. Am 30. Jänner 1972 wurden bei einem friedlichen Bürgerrechts-Demonstrations-Marsch 13 Menschen von britischen Soldaten erschossen! In der Bogside (Katholisches Viertel) auf der Rossville Street befindet sich heute der «Free Derry Corner». Murals (Wandmalereien), ein Museum und die zum Symbol des Widerstands gewordene Hausfassade – «You are now entering Free Derry» – erinnern an den «Bloody Sunday».
Nur so nebenbei, nach einem trockenen Vormittag ist der Regen zurück. Der Stadtrundgang wird durch einen Pub-Besuch unterbrochen. Noch einmal kreuz und quer durch die Stadt, bis zum nächsten Regenguss, bis zum nächsten Guiness. Heute gibt es nur eine kurze abendliche Zerstreuung, ab morgen wird wieder in die Pedale getreten!

Eine Wende, Pflicht statt Kür und Haushaltsprogramm in Derry


5. Tag: Donnerstag, 18. Juli

Strecke: Giant’s Causeway – Portrush – Portstewart – Limavady – Derry

Streckenlänge: 74 km

Irgendwann ist der Schalter dann doch noch gekippt und die Sonne gibt ein spätes Gastspiel. Glück im Unglück, der Starkregen hat alle Besucher_innen vom «Giant’s Walk» weggespült. Unzählige Pfade führen über 5 Kilometer über den «Damm der Riesen». Eine letzte, hartnäckige Besucherin bringt es auf den Punkt: «What a wounderful evening, isn’t it!» Eingeweicht, aber mit dem Tag versöhnt, findet sich auch noch ein geeigneter Zeltplatz mit Tisch und Bank für die Campingküche.
Der Tag beginnt mit Morgensonne, kurz darauf brechen wieder die Wolken. Dieses Spiel soll sich heute noch mehrfach wiederholen – Sonne, Wolkenbruch und dazu immer wieder ein Regenbogen. Das irische Wetter ist unberechenbar, vier Jahreszeiten an einem einzigen (Sommer-)Tag! Bushmille samt seiner Whiskey Destillery lasse ich links liegen, das Dunluce Castle schaut im Internetz auch viel aufregender aus und dann noch «The Open»! Die Region um Portush ist gerade im Ausnahmezustand, alles dreht sich um in Löcher zu schlagende kleine Bälle. «Nordirland is made for Golf!», verspricht die Werbung, das schaut so aus: der Atlantik, ein Golfplatz, eine Hauptstraße und daneben Wohncontainer für alle Golfdeppen.
Schnell weiter, weg von der Golf-Küste, gleich direkt nach Derry (oder auch Londonderry). Ein steiniger Weg – Hauptstraße, Blechlawine, landschaftlicher Stillstand, weitere Unwetter – das fällt nicht unter Kür, es wird ein knapper Pflichtsieg. Derry hat schon bei der Stadteinfahrt gewonnen, ein wunderbarer Radweg führt bis ins Zentrum und überhaupt – Small, beautiful, revolutionary, workingclass! – und ein gemachtes Bett (leider nur für eine Nacht) war auch noch frei. Morgen mehr über Derry, heute stehen Wäsche trocknen, Körper pflegen, Nahrungsaufnahme und Erfrischungsgetränke auf dem Programm!

Viel Gegend, viel Regen und Oaschloch Golf!


4. Tag: Mittwoch, 17. Juli

Strecke: Waterfoot – Cushendall – Torr Head – Ballycastle – Giant’s Causeway

Streckenlänge: 56 km

Einschlafen neben Schafen, aufwachen neben Schafen. Zusätzlich trommeln Regentropfen auf die Zeltplane, auf den irischen Landregen ist Verlass. Der heutige Tag ist schnell erzählt: Regen, Regen, Regen. Um bei der Wahrheit zu bleiben um die Tagesmitte gab es eine kurze Wasserpause. Trotzdem irgendwie ein wunderbarer Tag. Von der «Coastal Route» biegt die «Torr Head Scenic Route» rechts ab. Klingt atemberaubend, ist auch so, die Steigungen zwingen mich immer wieder zum Rad schieben. Dafür entschädigen die Ausblicke – grüne Hügellandschaften, Klippen, Meer. Und nach einem mehr als einstündigen Wandertag mit Rad geht es unglaubliche sechs Kilometer bergab bis nach Ballycastle. Auch in Ballycastle gibt es einen Golfplatz, Männlein und Weiblein mit kleinen Rollkoffern queren die Bundesstraße von einer Wiese zur anderen Wiese – lustiger Sport. Ein weiterer Hotspot wird ausgelassen, in Carrick-A-Rede wandern hunderte Menschen über eine Hängebrücke von der großen auf eine kleine Insel. Stattdessen lockt der «Giant’s Causeway», nur darüber gibt es vorerst nichts zu berichten, die Umstellung von Dauerbewässerung auf Starkregen verhindern einen Klippen-Ausflug. Inzwischen ist alles nass – ALLES! Egal wird eben ein Bed-And-Breakfast-Zimmer gebucht. Geht nicht, weil in Portrush findet gerade ein Golf-Open statt, Tiger Woods ist auch mit von der Partie. Keine freien Zimmer und wenn dann ab 200 Pfund aufwärts. Schluss mit lustig, Oaschloch Golf!