Schlafende Geier, geblasenes Blech und zurück an der Drina


18. Tag: Mittwoch, 17. Juli 2024

Strecke: Vidikovac Molitva – Ivanjica – Guča – Užice – Vrhpolje

Streckenlänge: 283 km (gesamt 3.098 km)

Der Guten-Morgen-Kaffee wird auf einer Aussichtsplattform zubereitet. Keine Anzeichen menschlichen Lebens, nur leider schlafen sich auch die Gänsegeier aus.

Eine an Windungen und Ausblicken nicht geizende Landstraße führt in die Hauptstadt des geblasenen Blechs. Guča sonnt sich in der Ruhe vor dem Sturm, nichts bewegt sich, nicht einmal ein Lüfterl. Die kleine Ortschaft ist das Woodstock der Trompete. Anfang August wird wie jedes Jahr seit den frühen Sechzigerjahren, das Kaff von Besucher:innen überrollt und drei Tage/Nächte durchgeblasen, durchgefeiert und durchgesoffen.

Ab Guča verliert die Gegend ihren Reiz, dass ändert sich erst ab dem Zeitpunkt wo die Drina sich ins Geschehen mischt. Die innige Umarmung beim Wiedersehen ist sehr erfrischend.

Ein bereits bekanntes Wirtshaus am Fluss befüllt die Körper fest und flüssig, die Betten stehen gleich vor der Tür. 

Eine Wasserschlange, Gänsegeier und eine unbeschreibliche Liveübertragung


17. Tag: Dienstag, 16. Juli 2024

Strecke: Raška – Novi Pazar – Sjenica – Vidikovac Molitva

Streckenlänge: 136 km (gesamt 2.815 km)

Früh am Morgen stehen die Bäuche noch immer wie ein Einser. Für die Morgen-Toilette wird die nahegelegene Stadt Novi Pazar auserkoren. Kaffee und Tschick, der Rest würde zu weit führen …

Ein letzter Höhepunkt versucht die Heimreise vergessen zu machen. Nahe Sjenica öffnen sich die Pforten in die Uvac-Traumwelt. Ein sich windender Stausee, eingezwickt zwischen steil aufragenden Felswänden. Aussichtspunkte auf beiden Seiten des Uvac eröffnen Panoramen die kein Fotoapparat festhalten kann. Unten windet sich die Wasserschlange, oben kreisen die Gänsegeier. Bilder und Wörter können dieses Spektakel nicht ansatzweise beschreiben, darum endet ein verzweifelter Versuch einer schriftlichen Reproduktion genau hier.

Ein seit einigen Jahren eröffnetes, sanft in die Landschaft eingebettetes Lokal,  serviert klassische Gerichte und Erfrischungsgetränke vor einem rund um die Uhr Natur-Pur-Live-Spektakel. 

Die Betten werden auf rund 1.100 Meter gemacht, ein zarter Wind zieht durch die geöffneten Fenster des Vierrades, davor stehen zwei Klappsessel und eine Flasche Rotwein, so viel Glück ist kaum zu fassen …

Kriminelle Piste, Blechlawine und ein Kulturschock am Shkodra See


7. Tag: Mittwoch, 18. September

Strecke: Uvac Canyon – Sjenica (SRB) – Bijelo Polje (MNE) – Lake Shkodra (ALB)

Streckenlänge: 241 km

Zum Frühstücks-Gaskocher-Kaffee das selbe Bild, nur diesmal kommt die Sonne von vorne, über uns kreisen die Weißkopf-Gänsegeier.
Die Rumpelpiste führt zurück nach Sjenica. Die serbische Kleinstadt liegt 1.000 Meter über der Adria, besitzt mehrere Moscheen und die Mehrheit der Einwohner bezeichnet sich als Bosniaken. Der Kaffee verdrängt das Bier als Haupterfrischungsgetränk. Von Sjenica führt eine asphaltierte Berg-Und-Tal-Spur Richtung montenegrinischer Grenze. Einige wenige Ansiedlungen und Aus, irgendwann ist auch der Asphalt weg, übrig bleibt eine Piste. Anfänglich noch akzeptabel, die letzten Kilometer kriminell endet sie vor einem Schranken mit Stopp-Schild, Montenegro in Sichtweite. Nach einer Schreckminute, der Schranken ist unversperrt, steht einem Grenzübertritt nach Montenegro nichts mehr im Wege.

Nachtrag/Beobachtungen zu Serbien:
– Landschaft top, Abfallwirtschaft flop!
– Nicht jeder Wegweiser ist auf die westeuropäische Typografie adaptiert.
– Geraucht wird örtlich unbegrenzt und in allen Lebenslagen.
– Jedem Serben sein Herren-Umhängtascherl.
– Jedes Dorf besitzt einen «Vulcanizer»
– Die Rindsviecher tragen noch stolz ihre Hörner.

Der Rest des Tages ist schnell erzählt. Ab Montenegro gibt es wieder ausreichend Asphalt. In Bijelo Polje gibt es ein zweites Frühstück. Der angepeilte Campingplatz nahe des Nationalparks Biogradska Gora befindet sich im Umbau. Und unweit später staut sich eine Blechlawine. Augen zu und durch nach Albanien! Podgorica, die unattraktivste Haupstadt Europas wird rechts liegen gelassen und an der Grenze zu Albanien feiert ein längst vergessenes Schauspiel sein Comeback: der Grenzstau!
Irgendwann wird der Campingplatz am Shkodra See dann doch erreicht, eine Kleinstadt mit Wohnmobilen aus allen Nationen. Nach der gestrigen einsamen Nacht ein Kulturschock. Zeltaufbau, Essen, Trinken und schnell einschlafen!

ps: aus Sehnsucht noch einmal der Uvac im Bild, diesmal aus der Frühstücksperspektive.

Eine Mission, wo ein Wille auch ein Weg und der schönste Platz auf Erden


6. Tag: Dienstag, 17. September

Strecke: Zlatibor – Gostilje – Nova Varoš – Uvac Canyon

Streckenlänge: 128 km

Bergauf, bergab führt eine schmale Nebenstraße durch eine sanfte bucklige Welt nach Gostilje. Ein kleines Nest mit großem Wasserfall. Diesmal gibt es Wegweiser zu dem auf terrassenförmig angelegtem, mit Holzbrücken und Steintreppen verbundenen Areal. Bevor der große Besucher_innen-Ansturm beginnt sind wir schon wieder auf der Weiterreise. Eine Hochschaubahn führt durch Kiefernwälder und Weideflächen zurück auf die Hauptroute nach Nova Varoš. Nova Varoš, eine selten unbeschreiblich hässliche Kleinstadt, ist das Tor zum unbeschreiblich beeindruckenden Uvac-Canyon. Eine angekündigte Touristen Info war schon vor zwei Jahren unauffindbar.
Auf der Suche nach der großen Schlange. Der Uvac und die Wege zum Fluss/Stausee sind ein streng gehütetes Geheimnis. Keine Wegweiser, kein Nichts. Der einfachste Weg ist der nach Rastoke, von wo aus kleine Boote auf dem Wasserweg in den Canyon führen. Aber diesmal ist der Landweg die Mission. Wer den richtigen Einstieg nicht findet landet im Nirgendwo. Wer wagt gewinnt! Und wer den Zugang erst einmal gefunden hat, den erwartet mitten in der Einschicht aus heiterem Himmel eine einwandfreie Hinweistafel. Das Knacken der kyrillischen Schriftzeichen ist der zweite Schritt zum Glück. Über eine 15 Kilometer lange Rumpelpiste wird das Ziel erreicht, erhaben trohnt ein Felsvorsprung, unterhalb windet sich durch unzählige Kehren der Uvac Jezero. Ein unvergesslicher Blick! Knapp hinter dem Felsvorsprung gibt es seit einem Jahr einen kleinen Getränke Imbiss der um 18 Uhr sperrt. Ab jetzt gehört der Uvac, der Canyon, die Umgebung, das Tischerl an der Felskante uns ganz alleine. Der schönste Platz auf der Welt!
Genau hier wird jetzt aufgekocht, die Sonne im Rücken, den Uvac im Blick, rundherum nur unberührte Natur. Auf der Speisekarte stehen Nudeln mit Spinat- und Käsesauce beigleitet von einer Flasche Vranac. Nie mehr Wegbewegen von diesem Platzerl!

ps: Das Zelt steht zwischen Wölfen und Bären mitten im Wald.