Kreuze, Wasserturm und trübe Gedanken trotz heiterer Wetterlage



9. Tag: Samstag, 16. Dezember 2023

Strecke: Osijek – Dalj – Vukovar

Streckenlänge: 47 km (642 km)

Das Wetterpendel hat in die richtige Richtung umgeschlagen, die Wolken haben die Flucht ergriffen. Noch ein Stück die Drau entlang und eingebogen auf die Dunav-Route. Nördlich verliert sich die Drau in der Donau, schdromabwärts liegt Vukovar direkt am Fluss.
Kreuze und Gräber erinnern immer wieder an die dunkelsten Zeiten des jugoslawischen Zerfalls. Die Schlacht um Vukovar war, nach sich häufenden Zusammenstößen zwischen Kroaten und Serben, der Beginn des vier Jahre lang  andauernden Kroatienkrieges.
Der Wasserturm wurde in Folge von der Jugoslawischen Volksarmee zerstört und gilt seither als Mahnmal des Jugoslawienkrieges. Die Ruine wurde renoviert, ein Lift eingebaut und in ein Museum umgewandelt. Der Lift ist derzeit außer Betrieb und es müssen 198 Stufen zum Schauraum überwunden werden. Die Aussichtsplattform bietet einen 360-Grad-Ausblick: Das Stadtzentrum, das Umland und der Schdrom von Nord nach Süd, bis zum Horizont! Trotz des bestechenden Panoramas aus luftiger Höhe bleibt die Stimmung, der Geschichte wegen, im Keller.
Auch 28 Jahre nach dem Friedensschluss klebt der Krieg untrennbar an dieser Stadt. Baulich ist vieles bereits beseitigt und die Stadt funktioniert an der Oberfläche. Unverständlich aber wahr, als erstes werden immer die jeweiligen Bethäuser aufgemascherlt. 
Kroaten als auch Serben wohnen wieder in der Stadt, aber nicht gemeinsam, jede Ethnie lebt für sich und das tägliche Leben bringt kaum Berührungspunkte: Eigene Schulen, eigene Lokale, eigene Läden.
Der alte zentrale Markt gleicht einer Geisterstadt, stattdessen befriedigen internationale Ketten und moderne Glaskobel die Bedürfnisse der Menschen. Das zentrale, noch aus besseren Jugo-Zeiten, am Fluss gelegene Hotel Dunav ist eine Ruine. Orte der Zusammenkunft sind spärlich. Sogar die landesübliche „Hauptspeise“, die Ćevapi ziehen gegenüber dem importierten Kebab-Spieß den Kürzeren. Und selbst am Adventmarkt ist die Stimmung verhalten, da hilft auch keine ohrenbetäubende Beschallung …
Ein trüber Tag trotz des strahlend blauen Himmels.

Serbische Müllentsorgung, mehrmalige Grenzübertritte und ewig lockt der «Schdrom»


11. Tag: Donnerstag, 27. September

Strecke: Zasavica – Sremska Mitrovica – Šid (SRB) – Ilok (HR) – Vukovar (HR) –Erdut (HR) – Apatin (SRB)

Nach einer frostigen Zeltnacht wärmt die Sonne während des Frühstücks am nördlichen Save-Ufer in Sremska Mitrovica. Es geht weiter auf Kurzstrecken bis zur heutigen Endstation nahe Apatin.
Kurz nach Šid am malerischen Sotsko Jezero, zu Füßen der Fruška Gora (Nationalpark am rechten Donauufer, in der serbischen Provinz Vojvodina), gibt es uein nrühmliches Beispiel von Müllverarbeitung – Alles rein in den Blech-Container und Feuer frei!
Der nächste Stopp liegt direkt am «Schdrom» (Donau), an der Nabelschnur, am Herzfluss, in Ilok. Bis zur ungarischen Grenze trennt er das ehemalige Jugoslawien in Kroatien und Serbien. Den «Schdrom» gegen den Strich geht es weiter in Richtung Vukovar. Im Kroatienkrieg war die Region um Vukovar das am stärksten unkämpfte Gebiet, die Wunden sind bis heute sichtbar. Im Stadtbild verheilt die Vergangenheit ungleich schneller als im zwischenmenschlichen Alltag, der noch immer von Kroaten und Serben bewohnten Stadt. In Erdut geht es für heute zum letzten Mal über die Grenze und unser Zelt steht schon wieder im Nirgendwo. Irgendwo in den weitläufigen Donau-Auen. Zur Nahrungsaufnahme müssen wir zurück nach Apatin, ein unpackbarer Sonnenuntergang direkt am «Schdrom» begleitet die Nahrungsaufnahme!